Keramikfliesen

Keramische Fliesen

Das Wort Keramik stammt aus dem griechischen Wort für Ton Keramos.

Tonminerale entstehen aus den überwiegend feinstkörnigen Verwitterungsprodukten von Feldspaten, die mit unterschiedlichsten Beimengungen abgelagert wurden. Die Zusammensetzung des Tons, die Aufbereitung und der Brand bestimmen die Farbe der unglasierten Scherbe.

Historie

Die ersten Gegenstände aus gebranntem Ton stellten Menschen vor ca. 30.000 Jahren her, während die ersten keramischen Gefäße vor ca. 11.000 Jahren im entstanden sind. Keramikfliesen als Wandbelag wurden im Altertum in Ägypten, Mesopotamien und Persien angewendet.

Herstellung

Seit den Anfängen der Keramikherstellung haben sich die verwendeten Rohstoffe nur wenig geändert. Basis ist der Werkstoff Ton als Hauptinhaltsstoff. Hierbei werden je nach Anwendung Gemische aus verschiedenen Tongruben verwendet. Neben Ton gehören weitere mineralische Rohstoffe zur Rezeptur einer Keramik. Die wichtigsten Zuschlagsstoffe sind Quarz, Kaolin und Feldspat. Je nach Anwendungszweck werden unter anderem auch Kalzit, Dolomite, Flussspat, oder Schamotte beigemischt. Die Kunst bei der Aufbereitung ist es, unter anderem die Verhinderung der Entmischung vor der Formgebung und das Schrumpfverhalten beim Brand kontrollieren zu können. Diese Faktoren hängen zum großen Teil nicht nur von der Korngröße, sondern vor allen Dingen von der Kornform ab. Je runder die Körner sind, desto geringer wird die Festigkeit, desto geringer wird im Gegenzug die Schrumpfung.

Formgebung

Handgeformte Keramikfliesen entstehen meistens nur noch bei Cotto oder bei Spezialanwendungen. In der modernen Keramikherstellung werden das Strangpressverfahren und die Pulverpressung (auch Trockenpressung genannt) angewendet. Beim Strangpressen wird aus einer plastischen Keramikmasse durch Extursion ein endloses Band als Einzel- oder Doppelfliesen (Spaltklinker) hergestellt und anschließend in Fliesengröße zerteilt. Im Trockenpressverfahren wird speziell aufbereitetes Keramikpulver mit hohem Druck in Formen gepresst und danach gebrannt.

Alle Fliesen weisen besondere Muster auf der Unterseite der Fliese auf, die eine bessere Mörtelverbindung schaffen. Beim Strangpressen sind es verfahrensbedingt immer Längsrillen, die auch schwalbenschwanzförmig vertieft sein können, beim Pressen können nur einfache Muster eingepresst werden.

Ein relativ neues Verfahren ist die Verwendung von Rollenpressen bei großformatigen Feinsteinzeugtafeln (l bis größer 300 cm). Hierbei wird die keramische Grundmasse zwischen zwei sich axial bewegenden Walzen gepresst.

Farbgebung

Die Farbe von unglasierten Keramikfliesen entsteht meist durch färbende Oxide. Diese Oxide sind entweder natürliche Bestandteile der Rohstoffe (beispielsweise Eisenoxid, Mangandioxid, Titandioxid) oder sie werden dem Scherben gezielt zugemischt.

Bei glasierter Keramik wird die Oberfläche durch eine auf den Scherben aufgetragene Glasur gefärbt. Beim Monoporosa-Verfahren wird die Glasur vor dem Brand aufgetragen. Beim Biporosa-Verfahren wird der Scherben erst gebrannt, abgekühlt, und mit dem Glasurrohstoff nochmals gebrannt.

Steingut

Steingut (DIN EN 14411, Gruppe BIII, Anhang K) ist Keramik, deren „Scherben“ nach dem Brand bei 950–1150 °C eine Wasseraufnahme von mehr als 10 Prozent aufweist. Vorteil ist die gute Bearbeitbarkeit sowie Dekorierungsfähigkeit. Aufgrund der hohen Porosität ist Steingut nicht frostfest und bleibt auf Anwendungen in Innenbereichen beschränkt. Hierbei ist die Hauptanwendung die Verwendung als glasierte Wandfliese.

Steinzeug

Steinzeug ist definiert als eine Keramik mit einer Wasseraufnahme von unter 3 Prozent. Aufgrund der geringen Porosität ist das Material frostbeständig. Gegenüber dem poröseren Steingut hat Steinzeug eine höhere Dichte und bessere mechanische Festigkeiten. Fast alle Fliesen für stark beanspruchte Anwendungsbereiche, zum Beispiel in Industrie, Gewerbe oder für öffentliche Bereiche, sind aus unglasiertem Steinzeug. Die Rutschhemmung wird durch die Oberflächenstruktur eingestellt. Steinzeugfliesen mit Glasuren sind die klassische Bodenkeramik. Die technischen Eigenschaften der Glasur bestimmen die Abriebfestigkeit und die Rutschhemmung.

Im Gegensatz zum Steingut wird der Scherben bei 1150–1300 °C gebrannt. Durch Zugabe von Flussspat und anderen Flussmitteln kann die Porosität verringert werden.

Feinsteinzeug

Feinsteinzeug (FSZ) zeichnet sich durch eine sehr geringe Wasseraufnahme von weniger als 0,5% aus. Es stellt damit eine Weiterentwicklung der Steinzeugfliesen dar, deren Wasseraufnahme unter 3 % liegt. Die Herstellung von FSZ-Fliesen erfolgt, indem man fein aufbereitete keramische Rohstoffe mit hohen Anteilen an Quarz, Feldspaten und anderen Flussmitteln unter hohem Druck trocken verpresst. Danach wird der Scherben in einem Rollenofen bei hohen Temperaturen (1200–1300 °C) gebrannt.

Wegen der hohen Bruchfestigkeit und der guten Verschleißeigenschaften wird FSZ häufig in öffentlichen und stark beanspruchten Bereichen eingesetzt. Durch entsprechende Oberflächenstrukturen kann die Rutschsicherheit von R 9 – R13, V4, eingestellt werden.

Am Anfang der Entwicklung wurden nur unglasierte Fliesen hergestellt, die eine hochdichte versinterte Brennhaut aufweisen, die sehr fleckunempfindlich ist. Dies ist nicht mit der oberflächenabhängigen Schmutzanhaftung zu verwechseln.

Poliertes FSZ besitzt keine geschlossene Oberfläche. Die Press- und brandbedingten Porenräume werden durch die Entfernung der sogenannten Brennhaut geöffnet. Schmutz der in diesen Porenbereich eindringt ist meistens schlecht entfernbar. Je nach Hersteller unterscheidet sich diese Porosität sehr stark.

Durch das Aufbringen von verschieden angefärbten Keramikpulvern oder durch lösliche Salze kann unglasiertes FSZ unterschiedlich dekoriert werden. Allerdings ist die Vielfalt der möglichen Optiken eingeschränkt. Deshalb wird in zunehmendem Maße glasiertes und bedrucktes FSZ hergestellt. Dieses Material bietet die Möglichkeit, eine enorme Vielfalt an Dekoren zu erzeugen. Beispielsweise können so Steine, Hölzer, Stoffe, Kork, Leder etc. imitiert werden.

Glasiertes Steinzeug und glasiertes Feinsteinzeug besitzen eine glasartige Schicht an der Oberfläche, die eine andere Abriebfestigkeit als der Scherben aufweist. Diese ist meistens geringer als die des Trägermaterials. Die anderen Eigenschaften, wie chemische Beständigkeit, Rutschhemmung und Ritzhärte, können je nach Art der Oberfläche sehr unterschiedlich sein.

Terrakotta

Terrakotta Basismaterial für diese Fliesenart, umgangssprachlich auch Cotto genannt, ist Kalkmergel mit starken Verunreinigungen aus Quarzkrümeln, das auch toskanische Schieferton heißt. Der im Tagebau gewonnene Ton wird mit Wasser vermengt und geknetet wie Teig. Dieser wird darauf durch eine Zerkleinerungsanlage (Wolf) gedreht und anschließend strang- oder trockengepresst. Die raue Oberfläche wird nach dem Trocknungsprozess durch die Bearbeitung mittels Stahlbürsten erzielt. Alternativ wird die Grundmasse auch in Holzformen gedrückt und an der Luft getrocknet. Bei einer Temperatur von 950-1050 °C wird Cotto nach dem Trocknen dann in einem Ofen 36–48 Stunden lang gebrannt. Dabei entsteht aus dem blau-grauen Ton durch Oxidation der typisch rötlich gefärbte Cotto. Bei dieser Herstellungsmethode können auch Reliefs oder Muster in den frischen Teig eingedrückt werden.

Klinker und Spaltklinker

Klinker und Spaltklinker zählrm zu den grobkeramischen Produkten. Bestehend aus Schamotte, Feldspäten und weiß- oder rotbrennenden Tonen (d.h. die Farbe entsteht erst durch den Brand), werden sie wie Cotto als Teig angerührt und im Strangpressverfahren geformt. Wenn bei der Trocknung eine Restfeuchte von circa drei Prozent erreicht worden ist, wird der Hartziegel glasiert oder unglasiert bei 1200 °C gebrannt. Um Verformungen beim Brand zu minimieren, werden solche Platten überwiegend als Spaltklinker in doppelter Ausfertigung (Rücken an Rücken, mit Stegen verbunden) gefertigt, dann gemeinsam gebrannt und erst nach dem Brand getrennt bzw. gespalten.

Hohe Kantenschärfe und Beständigkeit gegen Wasser und Frost sind die Voraussetzungen, dass Klinker ein idealer Boden- und Wandbelag für Innen- und Außenbereiche sind, auch als Verblendung, die vor ein Mauerwerk mit einem Klinkermörtel aufgeklebt wird. Die volkstümliche Bezeichnung als „Klinkerwand“ für jede vorgemauerte Wandschale ist unrichtig, hierfür werden weichere Steine, auch härter gebrannte Lochmauersteine verwendet, jedoch nur selten (und unfachgerecht) Vollklinkersteine, da solche Wände wegen mangelnder Mörtel-Verbundhaftung leicht Risse bekommen.

Vollklinker kommen überwiegend als Gehwegbelag zum Einsatz. Hierbei handelt es sich um unglasierte Klinkersteine. Diese sind trittsicher, wasserabweisend, frostfest und langlebig. Auch verändern sie im Gebrauch ihre Farbe nur wenig und verschmutzen kaum, sie bekommen lediglich eine Patina.

Einteilungskriterien

Fliesen werden im Wesentlichen nach ihrer Wasseraufnahmefähigkeit, ihrer Frostbeständigkeit, ihren rutschhemmenden Eigenschaften und der Beständigkeit ihrer Oberfläche gegenüber Abrieb klassifiziert.

Qualitätseinteilung

Keramikfliesen werden in zwei Qualitäten eingeteilt: erste und zweite Wahl. Dabei werden sowohl optische wie auch qualitative Anforderungen an Glasur, Oberfläche, Maßhaltigkeit und Wasseraufnahme gestellt. Fliesen mit groben Fehlern werden oftmals auch als dritte Wahl angeboten oder gelangen in den Ausschuss.

Wasseraufnahme

Die Europäische Norm DIN EN 14411 unterteilt keramische Fliesen und Platten nach ihrem Wasseraufnahmevermögen in fünf Gruppen. Die Prüfung erfolgt nach DIN EN ISO 10545.

Wasseraufnahmevermögen

Gruppe Massen-% Wasseraufnahmevermögen
Ia höchstens 0,5%
Ib höchstens 3%
IIa 3% bis 6%
IIb 6% bis 10%
III mehr als 10%

Frostbeständigkeit

Frostbeständig und somit für den Außenbereich geeignet sind nur Fliesen und Platten der Gruppen Ia und Ib. Auch Fliesen, die auf überdachten Flächen wie etwa Balkonen vor Niederschlägen geschützt verlegt werden, müssen diesen Gruppen zugeordnet sein, da sie dort nicht frostgeschützt liegen. Das bedeutet nicht, dass sich die Fliesen nicht vom Untergrund lösen können. Dies hängt von der Gesamtkonstruktion ab.

Abriebfestigkeit

Die theoretische Beanspruchung der Glasur (Oberflächenverschleiß/Abrieb) in der Nutzung wird durch ein genormtes Prüfverfahren mit einer Prüfmaschine mit rotierenden Stahlbürsten des amerikanischen Porzellan- und Email-Instituts (PEI) geprüft und nach DIN EN ISO 10545-7 in die Klassen 0 bis 5 eingeteilt (siehe nebenstehende Tabelle).

Abrieb-
klasse
Prüf-Umdrehungen typische Anwendungen

0

100

in der Regel nur theoretischer Wert

1

150

nur Wandmaterial

2

600

nur Wandmaterial

3

750/1500

z. B. für nicht beanspruchte Flächen (barfuß in Bädern)

4

2100 / 6000/ 12000

z. B. bei hohen Beanspruchungen in Hauseingängen

5

>12000

bei höchster Beanspruchung, z. B. Garagen

 

Unter Zugabe von Wasser und definierten Schleifmitteln wird ein künstlicher Abrieb ermittelt. Als Ergebnis erhält man einen Wert, der angibt, bei welcher Anzahl der Umdrehungen sich eine sichtbare Veränderung ergibt. Diese Werte werden dann für eine Klassifizierung benutzt.

Bei unglasierten keramischen Fliesen und Platten wird der Tiefenverschleiß nach DIN EN ISO 10545-6 ermittelt. Mit Schmelzkorund und einer speziellen Schleifscheibe wird der „anfallende Abrieb“ gemessen. Das bedeutet, je geringer der Wert, desto verschleißresistenter ist die Keramik.

Rutschsicherheit

Durch die Prüfung der Rutschsicherheit nach der DIN 51130 erfolgt die Einstufung in R-Werte. Je höher die hinter dem „R“ stehende Zahl, desto rutschhemmender und schlechter reinigungsfähig ist der Belag. Wie aus der Tabelle zu ersehen ist, gibt es die Bewertungsgruppen von R9 bis R13. Die BGR 181 der Berufsgenossenschaften findet jedoch keine Anwendung auf Fußböden in Arbeitsräumen, Arbeitsbereichen und betrieblichen Verkehrswegen, bei denen keine gleitfördernden Mittel zu erwarten sind. Regenschirme transportieren Wasser, also sollte immer auf die BGR 181 Rücksicht genommen werden. Bei Abweichung von der BGR 181 sollten die Berufsgenossenschaft und die Gewerbeaufsicht zum jeweiligen Bauobjekt grundsätzlich befragt werden, da es vorkommen kann, dass beide Institutionen unterschiedliche Meinungen haben können. In Bereichen, wo fettige, pastöse oder faserig-zähe Stoffe auf den Boden gelangen, müssen Fliesen eventuell auch noch einen „Verdrängungsraum“ besitzen. Dieser Verdrängungsraum ist der zur Gehebene hin offene Hohlraum unterhalb der Gehebene und wird nach vier V-Klassen bewertet. Der V-Wert gibt an, wie viel cm³ Flüssigkeit der Boden auf einem dm² mindestens aufnehmen kann.

Eine Besonderheit bilden Keramiken für nassbelastete Barfußbereiche. Diese Oberflächen werden nach DIN 51097 geprüft und in die Bewertungsgruppen nach GUV 26.17 A, B und C eingeteilt.

Für den privaten Bereich gibt es keine Vorgaben. Dort sind polierte oder glattglasierte Keramiken anwendbar. Ein privates Schwimmbad oder eine private Sauna sollte aber nach den Regeln der GUV 26.17 Rutschsicherheit für nassbelastete Barfußbereiche ausgeführt werden.

Werden Bodenbeläge mit geringerer Mindestrutschhemmung geplant oder eingebaut (nach BGR 181/GUV 26.17), drohen im Unglücksfall Schadenersatz- oder Regressansprüche.

Bewertungsklassen

Gruppe Haftreibwert Neigungswinkel
R9 Minimum von 6 bis 10°
R10 erhöht von 10 bis 19°
R11 erhöht2 von 19 bis 27°
R12 groß von 27 bis 35°
R13 sehr groß über 35°

Verdrängungsraum

Gruppe Mindestvolumen (cm³/dm²)
V4 4
V6 6
V8 8
V10 10

Säurebeständigkeit

Die folgende Norm findet auf die Säurebeständigkeit Anwendung: DIN EN ISO 10545-13.

Fleckempfindlichkeit

Fleckempfindlichkeit wird nach folgender Norm klassifiziert: DIN EN ISO 10545-14.

Die Fleckempfindlichkeit einer Keramik ist rein vom verwendeten Material abhängig. Ist die Keramik kapillar, wie Terrakott oder Steingut, können farbverändernde Substanzen einziehen, im Gegensatz zu glasierten Keramiken beziehungsweise unpoliertem Feinsteinzeug, dort können Substanzen nicht einziehen.

Die Schmutzanhaftung ist nur abhängig von der Oberfläche. Je rauer die Nutzschicht ist, desto höher die Schmutzanhaftung, bzw der Reinigungsaufwand. Das ist vor allen Dingen bei rutschsicher ausgerüsteter Bodenkeramik erkennbar, wie sie z. B. in Küchen oder Schwimmbädern verwendet wird.

Formatgrößen

Die Größen der Fliesen variieren von Kleinmosaik 1x1cm bis hin zu riesigen Platten von derzeit bis zu 320×140 cm.